Die Kohlelagerung und Beförderung im Kraftwerk Farge
erfolgt seit über 80 Jahren für die Umwelt und Gesundheit gefährlich offen und ist immer wieder Grund von ständigen Beschwerden aus der Bevölkerung.
Der letzte Brand des Kohlelagers am 19.12.2009 zeigt offen wie viel Aufklärungs- und Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit besteht, weil die Hotspots mit betriebseigenen Radladern umgeschaufelt wurden, was wiederum zu einer erneuten und zusätzlichen und unnötigen Feinstaubbelastung der gesamten Region führte. Auch wurde der Brand mit, für Kohlebrände völlig ungeeigneten Löschmittel, Wasser bekämpft. Heute ist diese offene Kohlelagerung unzeitgemäß, weil modernste Kohlelagertechnik zur Verfügung steht, die Risiken und Gefährdungen der Umwelt und der Bevölkerung auf ein Mindestmaß reduzieren. Diese Umwelt und Gesundheit schonende Kohlelagerung, die in vielen Kohlekraftwerken längst Standard und „Stand der Technik“ ist, wünschen wir uns auch für das Kohlekraftwerk in Bremen-Farge.Forderung der Anlieger und der betroffenen Bürger im Bremer Norden und der aller Anrainer:
Der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr möge erklären, anordnen und verfügen:
1. Bestehende Betriebsgenehmigungen zum Kohlelager sind zu widerrufen.
2. Der Betreiber muß die Anlage auf „den Stand der Technik“ nachrüsten.
3. Einen weiteren Betrieb der bestehenden Anlage nur übergangsweise und mit untenstehenden Auflagen genehmigen.
4. Bis der Stand der Technik auch in Bremen im Kraftwerk Farge umgesetzt wird,
möge der Senator , für Bau, Umwelt und Verkehr als Sofortmaßnahmen, anordnen und verfügen:
4a. Die Entwicklung eines geeignete Überwachungs- und Messprogramm
4b. Ein kontinuierliches Feinstaubmonitoring
mit einer chemotoxischen und radiotoxischen Überwachung
4c. Zum vorsorgenden Gesundheitsschutz sind bei entsprechenden
Wetterlagen (Trockenheit, Starkwind) Betriebsbeschränkungen
durch eine Unterbrechung des Betriebes der Kohle-Förderung
anzuordnen.
4d. Technische Maßnahmen zur Verringerung der Staubemissionen mit
wirksamer
Einhausungen der Anlage, der Förderbänder und der Übergabestellen.
4e. Das Kohlelager im KW-Farge ist mit Korngrößen unter 10mm ein
Feinkohlelager und ist besonders zu betrachten und zu behandeln
4f. Die gelagerte Kohle besteht zu 100% aus Importkohle verschiedener
Herkünfte und ist gesondert und einzeln, je nach Herkunft zu untersuchen
5. Einen weiteren Betrieb der Anlage nur Genehmigen, wenn der Stand der Technik und die Umwelt- Standards des modernen Kohlelagers der E-on A.G. im Kraftwerk Staudinger, Hessen, auch im Kraftwerk Farge, Bremen zur Anwendung kommen.
Beurteilung von Importkohle
Die Relevanz dieser Forderung erschließt sich daraus, dass die hier einzusetzenden „internationalen“ Steinkohlen über eine große Spannweite dieser gesundheitsgefährdenden lnhaltsstoffe verfügen.
Die Stadt Hanau konnte die Spannweiten von Steinkohlen nationaler Steinkohlen aus Nordrhein-Westfalen in Erfahrung bringen (Quelle: Öko-lnsitut, Mitverbrennung von Klärschlamm im Kraftwerk Bexbach, Kap. 6.1 S. 21 und Verweis auf eine Untersuchung des Prognos Institutes aus dem Jahr 2003)
und muss unterstellen, dass die Schwermetallanteile von Steinkohlen aus China, Indien oder Südafrika noch erheblich höher sind bzw. weitere gesundheitsgefährdende Stoffe wie Phosphor und Chlor beinhalten:
Inhaltsstoff Gehalt in mglkg TS
von bis
Antimon 46,2
Arsen 2,2 45,9
Blei 7,8 57,5
Cadmium <0,5 3,2
Chrom 13 64,7
Fluor
Cobalt 1,3 13
Kupfer 9 26
Mangan
Nickel 1 269
Quecksilber <0,02 0,64
Schwefel
Thallium <0,5 2,1
Vanadium 34 621
Zinn <5 39,6
Die Relevanz der Angabe, auch der radioaktiven Anteile an den Brennstoffen, ergibt sich u.a. aus Untersuchungen der Strahlenschutzkommission, die in der Publikation
„Zum Vergleich der Strahlenexposition der Bevölkerung durch lmmissionen radioaktiver Stoffe aus Kohlekraftwerken und aus Kernkraftwerken“ (BAnz Nr. 150 vom 15. August 1981) zusammengefasst sind, sowie aus amerikanischen, australischen und britischen Studien. Hier interessiert die Analyse insbesondere folgender Gesundheit gefährdender lnhaltsstoffe:
Uran - 238 und seiner Zerfallsprodukte insbesondere
Uran - 234
Thorium - 228, 230 und 232
Radium - 226
Blei -210 und
Polonium - 210.
Quellen:
Regierungspräsidium Darmstadt
- Abteilung Umwelt Frankfurt
Radioaktivität und Kohle:
Uran und Thorium sind natürlich in der Erdkruste vorkommende radioaktive Metalle. Ihr geogenes („erdbürtiges“) Vorkommen beträgt je nach Beschaffenheit des Untergrundes im Mittel 2 - 3 g Uran/t bzw. 12 - 15 g Thorium/t. Die nachfolgenden Betrachtungen beziehen sich aus Gründen der Vereinfachung nur auf das Uran-238. Zieht man noch Thorium-232 und dessen Zerfallsprodukte hinzu, ergibt sich daraus noch ein weitaus größeres Risiko.
Aufgrund des gegebenen hohen Risikos einer radioaktiven Belastung der Bevölkerung im Umfeld des Kraftwerks Farge ist es notwendig, die Ist-Situation zu erfassen und eine Prognose für die zukünftig zu erwartenden Belastungen zu erstellen.
Als Basis-Bezugswert ist in der Region - an Referenzorten ohne Belastung durch den Betrieb des Kraftwerkes Farge - die natürliche Radioaktivität zu ermitteln.
Dazu sind genormte Messungen in den oberen Bodenschichten vorzunehmen.
Sodann ist die Belastung durch den Betrieb des bestehenden Kohlelagers und der Kraftwerksblöcke zu ermitteln.
Dabei ist einerseits der Eintrag über den Staubpfad und andererseits über das Niederschlagswasser in den Boden und das Grundwasser zu ermitteln.
Für die Ermittlung der Prognosewerte sind Herkunft und Qualität der Kohle realitätsnah zu betrachten.
Eigenschaften der radioaktiven Stoffe
Das natürliche Uran-238 liegt meist als Uranoxid, eingeschlossen in Silikat-Molekülen, vor - also z.B. in Sanden und Kiesen.
Wird das Material nicht bewegt, ist es relativ ortsfest und wenig reaktiv.
Jedoch bleiben radioaktive Elemente wie das Uran-238 nicht in ihrer ursprünglichen Menge bestehen.
Durch den radioaktiven Zerfall gemäß ihrer Halbwertzeit sind im Laufe der Erdgeschichte viele weitere radioaktive Stoffe entstanden.
Die aktuell vorhandene Konzentration im Boden hängt allerdings davon ab, wie schnell ein Stoff in andere Stoffe weiter zerfällt und ob diese am Ort des Zerfalls bleiben oder wegen ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften z.B. als gasförmige Zerfallsprodukte entweichen bzw. in andere Stoffe infiltrieren oder von Wasser gelöst transportiert werden und z.B. versickern.
· Es sind bei den Zerfallsprodukten grob drei Stoffgruppen / Stoffe zu unterscheiden:
· Schwermetalle (wie Uran, Thorium, Palladium, Blei usw.),
· das Element Radium als Erdalkalimetall (verwandt mit dem lebenswichtigen Calcium) und
· das Edelgas Radon (verwandt mit den Edelgasen Helium, Neon und Argon).
Quelle: HOLLEMANN-WIBERG Lehrbuch der Chemie, 1958, S. 73
Radioaktivität aus dem Kohleumschlag
Der Umschlag der Kohle beim Entladen, Ein- und Auslagern und Umladen vor allem über offene Transportbänder, das Trocknen an der Luft (besonders intensiv bei Sonneneinstrahlung) und die offene Lagerung brennender Kohle und Asche im Brandfall trägt zur Verschärfung der Luftbelastung durch Schwebstaub bei, weil dabei Korn zerstörende Tätigkeiten stattfinden, die zusätzlich Feinkorn erzeugen, welches durch Luftzirkulation aus den Anlagen ausgetragen wird.
Die Freisetzung radioaktiver Substanzen über die Staubverfrachtung und den Wasserpfad ist eindeutig und ausführlich beschrieben worden.
Es ist anzunehmen, dass das Zerfallsprodukt des Urans Radium-226 als leicht lösliche Substanz und das weitere Zerfallsprodukt Radon-222 mit den Niederschlagswässern in das Grundwasser und damit auch in die Trinkwasservorräte absickert.
Für die Strahlenexposition des Menschen ist nicht das Radon selbst von Bedeutung, vielmehr sind es die ebenfalls in der Atemluft enthaltenen kurzlebigen Radonzerfallsprodukte. Diese werden im Atemtrakt abgelagert.
Dort kann ihre energiereiche Alphastrahlung die strahlenempfindlichen Zellen erreichen. Die kurzlebigen Zerfallsprodukte des Radons verursachen etwa die Hälfte der gesamten effektiven Dosis durch natürliche Strahlenquellen.
Quelle: BUNDESAMT FÜR STRAHLENSCHUTZ: Radon - ein natürliches Radionuklid.
Infoblatt, www.bfs.de/bfs/druck/infoblatt/radon_nuklid.html
Neben dem Rauchen gilt Radon als die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs
Feinstaub:
Die Importkohle, mit einem weitaus höherem Feinstaubanteil als deutsche Steinkohle, wird offen gefördert und transportiert, hierbei kommt es zu erheblichen Belastungen der Bevölkerung durch Feinstaub, der, wie man heute weiß, eine erhebliche, gesundheitliche Gefährdung in der Atemluft der Menschen und Tiere darstellt und das mit einer kilometerweiten Ausdehnung.
Feinstaub-PM 10
-PM10 beschreibt Partikel unter 10 μm.
Ab dieser Größe sind die Partikel inhalierbar.
Für PM10 gelten seit 1.1.2005 Immissionsgrenzwerte, deren Einhaltung insbesondere in den Ballungsräumen oft nicht gewährleistet ist.
»Partikel« (particular matter: PM) sind Feinstaub/Schwebstaub.
Es handelt sich dabei zum einen um Feststoffpartikel, aber auch um
verbundene (koagulierte) Gase und Flüssigkeiten (Sekundärpartikel)
Je nach Durchmesser können sie näher unterteilt werden.
»Die Exposition gegenüber Feinstäuben wird derzeit übereinstimmend als
wesentlichste Belastung für die menschliche Gesundheit durch Luftschadstoffe
bewertet.«, SRU, Jahresgutachten 2004, Tz. 69*.
»Auch bei Feinstäuben ist an den verkehrsreichen Messstationen
in den Ballungszentren im Jahr 2005 mit einer Einhaltung der Tages- und
Jahresgrenzwerte der 22. BImSchV nicht zu rechnen.
Die Einhaltung der ab dem Jahr 2010 vorgesehenen schärferen Immissionsgrenzwertstufe (2. Stufe der 22. BImSchV) ist angesichts der derzeitigen Entwicklung noch weniger
wahrscheinlich.«; s.a. Klinger/Löwenberg, ZUR 2005, 169 m.w.N. Fn. 2.
Die Immissionsgrenzwerte der 1. Tochterrichtlinie gelten insbesondere
für Feinstaub und Stickstoffoxide als »ehrgeizige Ziele«.
Hintergrund dafür ist wohl, dass die Werte festgelegt wurden,
bevor das Messverfahren feststand, und dieses führt nun wohl zu
strengeren Anforderungen, als bei Festlegung der Grenzwerte –
jedenfalls von manchen – vorausgesehen wurde. Solange die
Lobby der betroffenen Kreise eine Änderung der Werte oder des
Messverfahrens aber nicht erreicht, sind die Werte auch mit den
nun einmal beschlossenen Verfahren einzuhalten und die
zunehmende Erkenntnis über die wirkliche Gefährlichkeit von
Grenzwertüberschreitungen für die menschliche Gesundheit
macht spätere Änderungen nicht wahrscheinlicher.
Immerhin hat man eine Zeit lang erfolgreich versucht, der
Strenge des Gesetzes auf andere Weise auszuweichen: Eine gebietsbezogene
Betrachtung relativierte die Grenzwerte und entschärfte
die Folgen des Gesetzes. Sie wurde selbst in der Rechtsprechung
verschiedener Oberverwaltungsgerichte bis Mai 2004 vertreten.
Danach sei nicht die Messung an einem einzelnen Grundstück
maßgeblich, sondern es müsse auf den Mittelwert aller Messergebnisse
im Gebiet oder sogar flächendeckend im gesamten Gebiet
abgestellt werden. Dieser Auffassung erteilte das BVerwG Ende Mai
2004 zu Recht eine Absage – und ist mit diesem Teil seiner Entscheidung
auch verbreitet und zu Recht auf Zustimmung gestoßen.
Danach ist eine »grundstücksbezogene« Betrachtung vorzunehmen..
– Bemerkenswert scheint uns an dieser Stelle doch, wie
leicht sich die deutsche Rechtsprechung über in ihrer Zielsetzung
klare EU-Vorgaben immer wieder und immer noch hinwegsetzen
zu können meint: Was mit der Grundstücksbezogenheit begonnen
hat, setzt sich bei den Rechtsschutzfragen fort.
Das Problem bleibt gleichwohl bestehen, dass gesundheitlich
bedenkliche Werte nicht dadurch gesundheitlich unbedenklich
werden, dass bestimmte Stellen von Messungen ausgenommen
sind
Quelle: Verein für Umweltrecht e.V.
Prof. Dr. Martin Beckmann,
Brandschutz:
Die Kohlelagerung erfolgt unzeitgemäß, Umwelt belastend und Gesundheit gefährdend offen. Die Kohle ist leicht brennbar und kann sich selbst entzünden. Hier sind ein Brandschutzgutachten, und ein Brandschutzkonzept notwendig, das Brandschutzeinrichtungen und Brandschutzvorkehrungen festlegt, weil die üblichen Löschmittel wie Wasser, Brand beschleunigend wirken. Die besonderen Anforderungen sollen sich erstrecken auf: · Brandverhütung · Bauliche Brandschutzmaßnahmen · Technische Brandschutzmaßnahmen · Explosionsschutzmaßnahmen · Bestellung eines Brandschutzbeauftragten · Erstellung eines Brandschutzkonzeptes Brandschutzmaßnahmen bei der Kohlelagerung: Technische Maßnahmen zur · Brandfrüherkennung · Kühlung bzw. Löschung · Rauch- und Wärmeabzug Organisatorische Maßnahmen zur Brandvermeidung · Optimierung der Lagertechnik · Maßnahmen zur Temperaturüberwachung · Maßnahmen zur Bekämpfung von Temperaturerhöhungen Quelle: Kraftwerksforum Staudinger der E.ON Kraftwerke
Entsorgung der durch Staubunterdrückung eingesetzten Wassermenge:
Ungeklärt ist der Verbleib des Abwassers der zur Staubunterdrückung eingesetzten Wassermenge. Es handelt sich dabei um Abwasser mit einem angenommenen Volumen von max. 400 cbm/Tag. Dieses Abwasser ist durch die Inhaltsstoffe von Kohle und Petrolkoks verunreinigt. Bei den lnhaltsstoffen handelt es sich um wassergefährdende Stoffe wie Cadmium, Thallium, Quecksilber, Antimon, Arsen, Blei, Chrom, Kobalt, Kupfer, Mangan, Nickel, Vanadium, Zinn, Fluor und Schwefel sowie um radioaktive Stoffe. Diese Stoffe werden beim Eindringen über den Wasserpfad den Boden, das Grundwasser und die Weser verunreinigen.
Der Boden und das Grundwasser sind durch eine Rechtsverordnung geschützt. Die zur Staubunterdrückung eingesetzte und durch Wasser gefährdende Inhaltstoffe des Kohle- und Koksstaubes verunreinigte Wassermenge von max. 400 cbm/d gefährdet die Reinheit des durch die Wasserschutzverordnung geschützten Grundwassers und dessen zukünftige Nutzung.
Es fehlt eine Beschreibung der Nutzung des Bodens für die Entsorgung von Löschwasser